A 20 endlich auf den Klimaprüfstand stellen

von Susanne Grube

Die Kritiker der geplanten A 20 halten den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für wegweisend hinsichtlich der Folgen der Klimakrise für nachfolgende Generationen.

Autobahn-Gegner begrüßen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Das BVerfG hatte am 29. April entschieden (i), dass die Regelungen im Klimaschutzgesetz (ii) „insofern mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen“ (iii). Der Gesetzgeber müsse die Minderungsziele der Treibhausgasemissionen für Zeiträume nach 2030 fortschreiben. Dieser Beschluss betrifft auch ganz unmittelbar die geplante Autobahn. Deren Bau- und dann Betriebsphase würde im Falle der Realisierung in den Zeitraum nach 2030 fallen.

Die Klimawirksamkeit der A 20 ist hoch. Sie ist das klima- und umweltschädlichste Projekt des gesamten Bundesverkehrswegeplans. Die 200 km lange Autobahn zwischen Westerstede und Bad Segeberg führt über weite Strecken durch Moorgebiete. Vor allem Wälder und Moore sind hervorragende Speicher für das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Wenn im Zuge des Autobahnbaus Wälder abgeholzt und Moore trockengelegt werden, wird zunächst in hohem Maße CO2 freigesetzt und diese natürlichen CO2-Speicher gehen dann für immer verloren. Allein für die Abschnitte 1 und 2 im Ammerland und der Wesermarsch werden laut Planungsunterlagen rund 1,8 Millionen m³ Torf ausgehoben, wodurch fast 450.000 Tonnen klimaschädliches CO2 freigesetzt werden – ohne dass dort auch nur ein Auto gefahren wäre.

Hinzu kommen Materialtransporte während der Bauphase (mit vorwiegend Diesel-betriebenen LKW). Aus der Massebilanz der Abschnitte 1 und 2 geht hervor, dass allein für diese rund 35 Kilometer lange Autobahnstrecke insgesamt über 16,5 Millionen Kubikmeter Böden bewegt werden müssen (iv). Für den Abtransport dieser Bodenmassen würden rund 1,5 Millionen Lkw-Fuhren erforderlich. Auch die Zementherstellung ist eine starke CO2-Quelle. Während des Betriebs kommt der so genannte induzierte Verkehr hinzu, der erst dadurch entsteht, dass die Autobahn gebaut wird. Dieser zusätzliche Verkehr setzt rund 50.000 Tonnen CO2 pro Jahr frei.

„Diese Moorautobahn ist ein Desaster für unser Klima“, stellt Uwe Schmidt, Sprecher des Koordinationskreises der Initiativen gegen die A 20 fest. „Klimafreundlichere Alternativen (v) haben wir bereits von zehn Jahren vorgestellt, sie wurden bei der Planung nie ernsthaft berücksichtigt“, kritisiert Schmidt. „Für die A20 gibt es nach dem gestrigen Verfassungsgerichtsurteil nur eine Lösung. Sie muss umgehend aus dem Bundesverkehrsplan gestrichen werden!“

(i):Beschluss vom 29.04.2021 siehe unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html
(ii):Klimaschutzgesetz (KSG) vom 12. Dezember 2019 über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen
(iii):Pressemitteilung des BVerfG: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html
(iv):NLStBV: Feststellungsentwurf für den Neubau der A 20, von Westerstede bis Drochtersen. Abschnitt 1 von der A 28 bei Westerstede bis zur A 29 bei Jaderberg. Erläuterungsbericht, 28.4.2015, S. 93f. und S. 97f.; NLStBV: Feststellungsentwurf für den Neubau der A 20, von Westerstede bis Drochtersen. Abschnitt 2 von der A 29 bei Jaderberg bis zur B 437 bei Schwei. Erläuterungsbericht, 31.7.2017, S. 143-145 und S. 148
(v):https://www.a20-nie.de/pdfs/verkehrliche-alternativen-zur-a22_kok_2010_ol.pdf

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Koordinationskreis der Initiativen und Umweltverbände gegen die A 20